StartseiteAktuellesKahlschlag Februar 2010Expertenmeinung


Unser Ludwigsfelder Experte vor Ort, der staatlich geprüfte Forstwirt Jürgen Koller, hat uns seine nachstehenden Ausführungen zum Thema „Ludwigsfelder Kahlschlag“ übermittelt:

Folgende vor allem bis zu 50-jährige Strauch- und Baumarten waren von den "Pflegearbeiten" (Kahlschlag ist keine Pflege!) besonders betroffen:

Rot- und Weißdorn versch. Arten (Crataegus monogyna / oxyacantha. Jack):
Es gibt hier eben zwei (mehrere) Arten! Besonderheit: Früchte haben hohen Vitamin C-Gehalt und Präparate des teilweise auch baumartigen Strauches werden medizinisch genutzt. Vogelfutter, Igelfutter, Kleinnagerfutter!


Gemeiner Flieder (Syringa vulgaris):
Auch dieser ist ein baumartiger Strauch, der wunderschön blüht und einen betörenden Geruch (Fliederduft) verbreitet. Vor allem die in der Siedlung gefällten Exemplare bildeten im Verbund mit anderen Sträuchern schattenspendende Inseln, die gleichzeitig auch primäre Brut- und Rückzugsbereiche für die heimische Vogelwelt darstellten. --> also auch Tierschutz!

Forsythie (Forsythia intermedia):
Typischer Strauch, der zu Ostern als Tischschmuck benutzt wird da er mit seinen hellgelben Blüten im Frühjahr die erste Farbe in die teils noch kahle Frühjahrslandschaft bringt. Nutzen wie oben --> Vögel, Igel, Kleinnager.

Liguster (Ligustrum vulgaris):
Typischer Strauch wird oft als Hecke angelegt, da es immergrüne Varianten gibt. Beeren sind teils wichtige Futtergrundlage für viele Standvögel (also keine Zugvögel)! Nutzen wie oben.

Hartriegel (Cornaceae):
Strauchartengruppe, die auch als zeitiger Frühjahrsblüher bekannt ist (Kornelkirsche) und neben dem ästhetischen, soziologischen Wert eben auch im Verbund mit andern Sträuchern einen hohen ökologischen Wert darstellt.

Holunder (Sambucus):
Allen Kindern ein Begriff, weil dieser Strauch in Verbindung mit Frau Holle steht, die aus der frühen Mythologie entstand und letztendlich als Märchenfigur in allen Kinderseelen verankert ist.
Der Holunder als Hausbaum-Strauch, der auf jedem Bauernhof steht und Unheil wie Blitz und Krankheit von Haus und Hof fernhalten soll. Natürlich sind Blüten (Hollerküchle) und Früchte (Gelee + Saft-Vitamin C!) allen naturverbundenen Menschen bekannt.

Zypressengewächse (Cupressaceae)

Kieferngewächse (Pinaceae)

Lebensbäume (Thuja):
Alle drei Arten werden auch als Koniferen bezeichnet, die durch ihre Eigenschaft als immergrüne Pflanzen einen hohen Wert für Menschen und Tiere haben. Windschutz, Feinstaubbindung, Lärmschutz und die positive Wirkung auf das Kleinklima (Winter + Sommer) wurden durch wenig professionell agierende Arbeiter gerade im Bereich der Diamantstrasse zerstört!

Wolliger Schneeball (Viburnum lantana):
Sommergrüner, kräftiger Strauch mit aufrechten Ästen, der Wuchshöhen von ein bis vier Metern erreicht. Über seine giftige Eigenschaften lässt sich sagen: Der Wollige Schneeball enthält in der Rinde die Triterpene alpha- und beta-Amyrin. Die reifen Früchte enthalten keine Toxine (Gift), (welches Kind knabbert Rinde an?).

Es wurde argumentiert, dass etwa die großen baumartigen Rot- und Weißdorne wegen ihrer Gefahr (Giftigkeit und Dornen) entfernt werden müssen. --> Wertigkeit wie die anderen genanten Sträucher (Liguster etc.)

Des Weiteren wurden Zuschnitte an Fichten vorgenommen, welche unter die Baumschutzverordnung fallen und auch nur das Entfernen von Ästen genehmigungspflichtig ist! Dies wurde aber nicht beantragt!

Auch im Bereich Diamantstraße wurden Exemplare von Ahorn, Esche, Birke und Fichte gefällt, die möglicherweise nicht unter die Baumschutzverordnung fallen, aber zumindest im Grenzbereich der Genehmigungspflicht lagen.

Bereits im Jahr 2009 ist bei den ersten "Pflegemaßnahmen" teils unprofessionell vorgegangen worden. Es wurde beispielsweise eine Esche mit Spechthöhle gefällt, in der aktuell eine Aufzucht von Buntspechten (Dendrocopos major; auch Großer Buntspecht, Rotspecht, Schildspecht) im Frühjahr 2009 stattfand.

Der Bitte, den Baum als Torso stehen zu lassen und somit die Bruthöhle für weitere Höhlenbrüter (auch Fledermäuse) zu erhalten, wurde von Patrizia nicht nachgekommen. Auch hier lag ein Verstoß gegen geltendes Recht (BayNatschG) vor.

Gerade einige der älteren Pappeln wurden von mir begutachtet und ich habe festgestellt, dass hier auch einige Baumhöhlen vorhanden sind, die vielleicht auf "Bewohner" untersucht werden sollten.

Die radikalen Rückschnitte (Stockschneiden = bis kurz über Geländeoberflächen) zeugen ebenso von inkompetenter Vorgehensweise. Seit 2-3 Jahrzehnten wird in der gesamten Fachwelt (Gartenbau/Naturschutz/Landwirtschaft) diese Methode nicht mehr angewandt.

Offenbar, um die Flächen kostengünstiger, hausmeister- und rasenmähergerecht gestalten und bearbeiten zu können, werden solche, das BIOTOP LUDWIGSFELD zerstörende Maßnahmen durchgezogen.

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