StartseiteKAMILUKAMILU Oktober 2008

Letztens erst, als ich die Herbstsonnenstrahlen in meiner Mittagspause auf dem Dachsims genossen hab, während ich mir meine Leberkässemmel hab schmecken lassen, ist mir eingefallen, was das größte Übel der Menschheit ist: Es ist das Ausschalten von Menschenverstand und das Einfrieren von Denkvermögen. Ja, ja, Neid, Missgunst, Habgier, Falschheit, Intoleranz gehören schon auch dazu. Doch viel schlimmer ist es, wenn die Menschheit beginnt, den ihr eigens mitgegebenen Menschenverstand zu ignorieren und so tut, als hätte sie diesen nie besessen. Das ist aller Übel Anfang, das können Sie mir glauben.


Wollen Sie ein Beispiel hören?

Das kann ich Ihnen gern geben, denn selbst erzählt ist es mir worden und zwar nicht von irgendwem und um drei Ecken. Nein, von dem, der betroffen ist, hab ich diese Geschichte.

Terrassen bekommen also die Häuser der Rubinstraße, das weiß ja mittlerweile jedes Kind in Ludwigsfeld. Doch scheint das Anbringen von Terrassen so seine Tücken zu haben, denn es gibt ja viele alte Bäume in der Siedlung. Leider sehr oft an der falschen Stelle und auch schon mal einer Terrasse im Weg. Fällen darf man diese terrassenfeindlichen Bäume nicht, die Baumschutzverordnung schiebt hier einen Riegel vor. Und so kommen halt Terrassen an die Stelle, wo kein Baum im Wege steht, logisch oder?

Doch jetzt geht’s los, das Ausschalten von Menschenverstand. Wenn vor dem Wohnzimmer- oder Küchenfenster ein Baum steht, ja dann machen wir halt die Terrasse ans nächste Fenster, also dorthin, wo keiner im Wege ist.

Nur blöd, wenn dieses Fenster zu einem Schlafzimmer gehört. Es mag ja noch schön sein, wenn man des Morgens erwacht, aus dem Bette steigt, die Terrassentür öffnet, trapp-trapp-trapp hinunter auf seine Terrasse tapst, um nachzusehen, wie das Wetter wohl werden wird.

Doch was, wenn der junge Mann, dem die Schlafzimmerterrasse aufs Auge gedrückt wurde, zum ersten Mal Besuch von seiner neuen Flamme erhält und er mit dieser in romantischer Terrassen-Atmosphäre ein Gläschen Rotwein genießen will? Soll er zu seiner neuen Eroberung, während er schon die Rotweingläser in der linken und die Flasche Bordeaux in der rechten Hand hält, sagen: Folge mir durch mein Schlafgemach…? Ja das macht ja einen Eindruck! Jedes anständige Mädel wird sofort die Flucht ergreifen, bei so einem Lüstling. Die muss doch zwangsläufig glauben, dass er sie nur besoffen machen will und das praktischerweise gleich im Schlafzimmer… Rotweinflecke hin oder her.

Als einzige Möglichkeit, um dieses folgenreiche baulich bedingte Missverständnis erst gar nicht aufkommen zu lassen, fällt mir nur ein, dass der verliebte Don Juan seine Wohnung vollkommen umbauen muss. Aus dem Schlafzimmer wird eine harmlose Wohnküche und aus der Küche ein Schlafzimmer. Das ist die Lösung, damit die beiden auch die Chance erhalten, ein richtiges Paar werden zu können.

Erfinderisch müssen sie halt wieder mal sein, diese Ludwigsfelder, bei so viel nicht mehr vorhandenem Menschenverstand.

Bis demnächst meine zukünftigen Terrassenbesitzer

Euer

KAMILU

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